Woche der Solidarität in der Fluchtgesellschaft
Vom 14. bis 16. März 2022 fand an der Fakultät für Bildungswissenschaften der Freien Universität Bozen die Woche der Solidarität in der Fluchtgesellschaft statt.
Angesichts des aktuellen Kriegsgeschehens und der stärksten Fluchtbewegung seit dem 2. Weltkrieg gibt es wohl kaum brennendere Themen als Solidarität, Flucht und Migration. Die Forscherin Claudia Lintner und Prof. Susanne Elsen von der Fakultät für Bildungswissenschaften der unibz stellten sie in den Mittelpunkt einer dreitägigen Tagung mit Studierenden des zweiten Studienjahres Sozialpädagogik und internationalen Expert*innen. Der Einladung der unibz gefolgt sind Prof. Caroline Schmitt, Lukas Baumann und Jasmin Donlic von der Alpen Adria Universität Klagenfurt, Prof. Marc Hill von der Universität Innsbruck, Prof. Belachew Gebrewold, Direktor des Studiengangs Sozialarbeit am MCI Innsbruck, Dr. Gilles Reckinger, Rektor des Instituts superior de l’economie in Luxemburg, Michael Emru Tadesse, PhD Student an der Freie Universität Bozen und Franca Zadra, Forscherin an der unibz.
Während die Studierenden spannende Beispiele von Solidarökonomien in der EUREGIO kreativ aufgearbeitet, kritisch reflektiert und im Rahmen der Tagung dem Publikum vorgestellt haben, ging es bei dem grenzüberschreitenden wissenschaftlichen Austausch vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen um auch um ein ernsthaftes Bekenntnis zu einer solidarischen Gemeinschaft. „Die täglichen Bilder zeigen die spontane Solidarität von Menschen in den benachbarten Aufnahmegebieten, die selbst knapp das Nötigste haben. Wir, die Bürger der Länder, die zu den Reichen gehören, werden uns darauf besinnen müssen, dass Solidarität im Gegensatz zum herrschenden Sprachgebrauch nicht nur eine individuelle Tugend, also das Erbarmen mit in Not geratenen Menschen bedeutet. Solidarität ist mehr und anderes als eine persönliche Tugend, nämlich vor allem der organisierte gesellschaftliche Ausgleich sozialer Asymmetrien, die politisch gesteuerte Verteilung zur Gewährleistung von Teilhabe in der Gesellschaft“, unterstreicht Professorin Susanne Elsen. Dies sei ein sozial- und nachhaltigkeitspolitischer Auftrag, der jedoch nicht zuletzt auch auf gegenseitiger Hilfe und Mitmenschlichkeit beruht.
Nach Jürgen Habermas entstehe Solidarität in der Lebenswelt durch interpersonale Beziehungen. „Eine neue Solidarität aber kann auf der Erkenntnis globaler Abhängigkeitsverhältnisse und gemeinsamem Interesse an der Erhaltung der Lebensgrundlagen entstehen und die Tendenzen zur Partikularität solidarischen Handelns aufbrechen. Es geht dann um ein Verständnis von Solidarität, welches über räumliche und zeitliche Bindungen hinausweist und universelle Gültigkeit beanspruchen kann. Eine solche Solidarität beruht auf der Einsicht in lebensbedrohende und ungerechte Zusammenhänge, die prinzipiell alle betreffen und bedrohen und die eine globale Schicksalsgemeinschaft begründen“, so Prof. Susanne Elsen.
(su)