Interdisziplinäre Tagung: Der Borkenkäfer zwischen Ökologie und Praxis
Die Aufgabe der Wissenschaft ist es es, den neuesten Stand der Erkenntnisse zum komplexen Thema des Borkenkäferbefalls darzustellen, um daraus gemeinsam die besten Handlungsmöglichkeiten abzuleiten. Mit diesem Ziel haben das Kompetenzzentrum für ökonomische, ökologische und soziale Nachhaltigkeit und das Kompetenzzentrum für Pflanzengesundheit der unibz in Kooperation mit der Abteilung Forstwirtschaft der Autonomen Provinz Bozen am vergangenen Donnerstag eine Tagung an der Freien Universität Bozen abgehalten.
Über 200 Teilnehmer*innen aus Forstwirtschaft, Wissenschaft und Natur- und Umweltbereich haben sich mit dem Thema auseinandergesetzt. Im ersten Teil der hybrid angebotenen Veranstaltung haben Wissenschaftler*innen der Universität Padua, des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW, Österreich) und der Universitäten Innsbruck und Bozen zunächst die neusten Erkenntnisse zur Entomologie, Populationsdynamik und Bekämpfung des Fichtenborkenkäfers geteilt und Einblicke in die zukünftige Entwicklung und Ansatzpunkte der biologischen Schädlingsbekämpfung und der chemischen Ökologie gegeben.
Im zweiten Teil konnten die Kolleginnen und Kollegen der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL, Schweiz) und der Universität Milano wichtige Erkenntnisse im Bereich der Früherkennung und Schadensbegrenzung in Wäldern der Schweiz darlegen. Neue Online-Tools berechnen die Entwicklungen der Borkenkäferpopulationen der Folgewochen voraus und helfen, Aktionen im Bergwald gezielt richtig durchzuführen. Fragen, wie lange die Funktion von Schutzwäldern nach dem Absterben der Bäume anhält, wann und wie sie ersetzt werden kann und welche Rolle der Klimawandel spielt, wurden beantwortet. Wissenschaftler*innen von Eurac Research und unibz diskutierten abschließend das Potential der Fernerkundung, die Problematik des Ausfalles der Wälder und die Möglichkeiten und Grenzen der Naturverjüngung für die derzeitige Situation in den Dolomiten. Mit dem richtigen Ansatz kann die ablaufende Dynamik als Chance der Klimawandelanpassung und des nachhaltigen Managements von Bergwäldern aufgefasst werden.
Im dritten Teil war das Ziel der Veranstaltung aus Sicht der Forstbehörde, die derzeitig in die Wege geleiteten forstlichen Maßnahmen und Richtlinien noch einmal von der wissenschaftlichen Seite aus zu prüfen. Aufgrund der neuen Erkenntnisse wird anschließend eine Evaluierung der forstlichen Vorgehensweise und Richtlinien durch die Forstbehörde unter Einbeziehung der Interessensvertretungen, wie Waldeigentümer, Umweltverbände, holzverarbeitende Betriebe, usw. stattfinden. Weil das Phänomen grenzüberschreitend ist, waren auch die Forstdienste des Trentino und von Tirol bei der Tagung anwesend. Der grenzüberschreitende Erfahrungsaustausch, welcher von wissenschaftlicher wie auch von behördlicher Seite bereits am Laufen ist, wurde mit dieser Tagung noch einmal bewusst angeregt und intensiviert. Im Dezember wird in Bozen noch ein Workshop für die Anwendung der Erkenntnisse auf breiter Basis in der Praxis stattfinden.
(vic)