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LocationRoom BZ D1.02, Universitätsplatz 1 - Piazza Università, 1, 39100 Bozen-Bolzano
Departments CC Regional History
Contact regional.history@unibz.it
07 Jun 2018 17:30-19:00
Die Wirtschaft in Tirol zwischen Krieg und Nachkriegszeit
Vortrag des Trienter Wirtschaftshistorikers, Prof. Andrea Leonardi, im Rahmen der Vortragsreihe "Zeitenwende 1918", organisiert vom Kompetenzzentrum für Regionalgeschichte
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Als der Erste Weltkrieg ausbrach, waren das deutsche und italienische Südtirol trotz einiger Fortschritte noch kaum industrialisiert und auch mit Blick auf den tertiären Sektor noch wenig entwickelt. Es handelte sich um ein Land mit einer bescheidenen Präsenz eines Verarbeitungsgewerbes, das im Schatten eines noch dominanten primären Sektors stand, während der tertiäre Sektor – vor allem der Fremdenverkehr – seine Möglichkeiten noch nicht voll ausgeschöpft hatte. Der Krieg und seine Konsequenzen, die sich auf politisch-institutioneller Ebene noch vor der wirtschaftlichen bemerkbar machten, beendeten vorerst den mühsamen Weg der Modernisierung des Territoriums.
Das im Zeitraum von 1919–1923 durchgeführte Programm der öffentlichen Ausgaben war zwar beachtlich, wurde aber nur langsam und unkonsequent umgesetzt, was eine wachsende Zahl von Beschwerden hervorrief. Die entscheidenden wirtschaftlichen Probleme wurden auf diese Weise jedoch nicht gelöst, da es nicht nur um die Wiederherstellung der öffentlichen Infrastruktur und den Wohnungsbaus ging. In der Tat wäre es notwendig gewesen, den Produktionssektor auch durch entsprechende Investitionen zu verbessern und wieder anzukurbeln, sowie die Produktion auf stabile und interessante Märkte auszurichten; gleichzeitig wäre es unerlässlich gewesen, eine umfassende Erholung der Tourismuswirtschaft einzuleiten.
Nach Kriegsende und infolge der geopolitischen Neuordnung Europas stand die Region Tirol südlich des Brenners vor neuen Herausforderungen. Die vor allem in menschlicher Hinsicht schwerwiegenden Folgen des Kriegs waren auch für die wirtschaftliche Entwicklung gravierend. Die Kriegsfolgen stellten für ganz Europa eine Herausforderung dar, waren für die Territorien des ehemaligen Kronlandes Tirol allerdings von ganz besonderer Bedeutung, weil sie Teil eines veränderten institutionellen Rahmens wurden, der eine ohnehin schon äußerst besorgniserregende Situation noch verschärfte. Besonders stark war indessen der Rückgang der traditionellen Produktion. Das Gefüge der lokalen Landwirtschaft war durch den Krieg zerrüttet, denn wo es keine direkte Zerstörung durch die Kämpfe gegeben hatte, war es zu umfangreichen Requirierungen von Vieh, Nahrung und Futter gekommen.