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Freie Universität Bozen

Press releases

Neue Erkenntnisse zu Ökologie und Biologie des Buchdruckers

Das Thema „Borkenkäfer“ stand am Freitag im Mittelpunkt der Abschlussveranstaltung eines EU-Interreg-Projekts der unibz, der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) und der Universität Padua.

In vielen Südtiroler Tälern waren sie in diesem Sommer nicht mehr zu übersehen: unterschiedlich große braune Flecken in Hängen von grünen Nadelbäumen. Verursacher dieser mittlerweile massiven Schäden ist der wichtigste Fichtenborkenkäfer, der Buchdrucker. Infolge des massiven Angebots an Brutmaterial infolge des Sturmtiefs Vaia und mehrerer Schneedrücke hat eine Massenvermehrung des Buchdruckers eingesetzt, mit starken Auswirkungen für die fichtendominierten Wälder des Dolomiti-Live-Gebiets. In den vergangenen 18 Monaten untersuchte ein länderübergreifendes Forschungsteam im Rahmen des Interreg V-A Italy-Austria 2014-2020 CLLD Dolomiti Live-Programms ausgewählte Fragestellungen der Biologie, Ökologie und des Managements des Buchdruckers.

Am Freitag, den 30. September, wurde das Projekt mit einer Veranstaltung im Josef-Resch-Haus in Innichen offiziell abgeschlossen. Mit dabei: die Teams der Freien Universität Bozen, der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) und der Universität Padua mit den Ergebnissen der einzelnen Arbeitspakete. Dabei ging es einerseits um die Rolle von Bakterien und Pilzen in der Verbreitungsdynamik des Buchdruckers in den Dolomiten. Gleichzeitig wurde die Populationsentwicklung und die Generationenanzahl des Buchdruckers genau untersucht, die wichtige Faktoren für das Schadpotential dieses Borkenkäfers sind. Mit Mitteln der Fernerkundung wurden zudem an einer Methode gearbeitet, um geschwächte Bäume möglichst früh zu erkennen und präventiv zu entfernen bzw. aus der Luft feststellen zu können, wo ein besonders starker Borkenkäferbefall vorliegt.

Prof. Hannes Schuler vom Kompetenzzentrum für Pflanzengesundheit der Freien Universität Bozen, der für das Arbeitspaket mit Bakterien und Pilzen verantwortlich ist, unterstrich im Rahmen seiner Vorstellung, dass das Interreg-Projekt nicht das Ziel hatte, Methoden zur Bekämpfung des Buchdruckers zu entwickeln. „Doch je besser wir die Biologie und das komplexe System verstehen, das die Verbreitung der Käfer begünstigt, desto besser kann man das Phänomen langfristig auch in den Griff bekommen.“ Der Professor für Agrar- und Forstentomologie untersuchte im Rahmen des Projekts, welche Bakterien und Pilze mit dieser Borkenkäferart assoziiert sind. „Zur Rolle von Pilzen und Bakterien beispielsweise für die Überwindung der Baumabwehr gibt es bisher noch wenig Wissen“, erklärte Schuler. „Wir konnten herausfinden, dass der Buchdrucker im Gegensatz zu vielen anderen Insektenarten auf sehr wenige Bakterien angewiesen ist, aber innerhalb einer Lokalität mit einer großen Vielfalt an Bakterien assoziiert ist.“ Ähnliche Ergebnisse gibt es für die Pilze, mit denen die Käfer vergesellschaftet sind. „Zu unserer Überraschung haben wir zufällig zahlreiche Nematoden und Milben gefunden, die mit dem Buchdrucker assoziiert sind. Über deren Rolle für die Käfer ist bisher wenig bekannt. Das Zusammenspiel zahlreicher Bakterien, Pilze, Nematoden und Milben unterstreicht aber die komplexe Biologie dieses Schaderregers“, so Prof. Hannes Schuler.

Das Forschungsteam der Universität für Bodenkultur Wien untersuchte den Einfluss der Diapause, einer genetisch programmierten Entwicklungsruhe, auf die Generationenausbildung dieses Borkenkäfers. Im Rahmen dieses Projektes konnten neue Erkenntnisse zur Diapause-Ausprägung und der Auswirkung auf die Anzahl der Generationen pro Jahr gewonnen werden. „Der hohe Fortpflanzungserfolg, im Besonderen die Ausbildung mehrerer Generationen pro Jahr, ist ein bedeutender Faktor, der die Schadwirkung des Buchdruckers erklärt“, unterstrichen der Forscher Martin Schebeck und Prof. Christian Stauffer von der BOKU. Diese Forschungsergebnisse werden dabei helfen, das Schadpotential des Buchdruckers besser beurteilen zu können und tragen somit zu effektiveren Forstschutzmaßnahmen bei.

Ein innovativer Aspekt des Projekts ist die Bewertung von Borkenkäferschäden mit Hilfe neuer Systeme zur Identifizierung geschädigter Gebiete in Fichtenwäldern: mit Hilfe von Fernerkundungsmethoden hat das Forschungsteam der Universität Padua Satellitenbilder ausgewertet, um vom Buchdrucker befallene Bäume zu identifizieren und die räumliche und zeitliche Ausbreitung des Befalls zu überwachen. Diese Daten werden zur Entwicklung innovativer Prognosemodelle verwendet und tragen so zu einem besseren Pflanzenschutz bei. Durch die frühzeitige Erkennung befallener Bäume können Befallsherde rechtzeitig und örtlich begrenzt ausgerottet und eine großflächige Ausbreitung verhindert werden. Insbesondere werden Satellitenfotos mit UV-Filtern aufgenommen und analysiert. „Die Anwendung solcher Filter auf den nicht sichtbaren Bereich ermöglicht es, die Chlorophyll-Photosyntheseaktivität der Pflanzen hervorzuheben und so den physiologischen Zustand der Bäume zu beurteilen, um die vom Borkenkäfer befallenen von den gesunden Bäumen zu unterscheiden“, erklärten Prof. Massimo Faccoli und Prof. Andrea Battisti von der Universität Padua.

Das Fazit des länderübergreifenden Forschungsteams: Durch die Anwendung innovativer Methoden ist es in diesem Forschungsprojekt gelungen, neue Erkenntnisse zur Biologie und Ökologie des Buchdruckers zu erhalten. Des Weiteren wurden moderne Verfahren der Befallserkennung entwickelt. Zusammenfassend können diese Erkenntnisse helfen, umfassende und effektive Forstschutzmaßnahmen gegen den wichtigsten europäischen Fichtenborkenkäfer zu entwickeln und somit zum Erhalt gesunder Wälder in den Dolomiten beizutragen.

(su)