Konferenz: Storytelling als kulturelle Praxis
Dem Erzählen kommt bei der Sprachbildung in Kindergarten und Grundschule und auch darüber hinaus eine große Bedeutung zu; allzu oft werden jedoch der Sprach- und der Schriftspracherwerb ausschließlich aus einer leistungsorientierten Perspektive, wie etwa in Bezug auf das Beherrschen der Orthographie, betrachtet. Doch das Erzählen ist weit mehr für die Sprachbildung, unterstützt es doch die Aneignung von Sprache und Literatur, von Schrift, Bildern und Worten und die Freude am Formulieren und Imaginieren. Eine internationale Konferenz an der Fakultät für Bildungswissenschaften in Brixen beleuchtet vom 8.-9. Oktober das „Storytelling“ in seiner ganzen wissenschaftlichen Breite.
Bereits zu Beginn ihrer Tätigkeit an der Freien Universität Bozen haben sich die beiden Professorinnen Jeanette Hoffmann, Professorin für Didaktik der deutschen Literatur mit Schwerpunkt Kinderliteratur, und Maria Cristina Gatti, Professorin für interkulturelle Linguistik mit Schwerpunkt Englische Sprachdidaktik, zur Thematik des „Geschichtenerzählens“ ausgetauscht. „Wir wollten die für alle Sprachgruppen gleichsam wichtigen kulturellen Aspekte des Erzählens aufgreifen und von pädagogischen wie linguistischen Gesichtspunkten betrachten, und zwar sprachübergreifend.“ Die Tagungssprache Englisch dient als verbindendes Element und ermöglicht den Austausch auch über den deutsch-italienischen Kontext hinaus.
Die erste Konferenz zum Thema Storytelling wurde thematisch bewusst weit gefasst, so dass verschiedene Disziplinen wie Text- und Diskursanalyse, Angewandte Linguistik, Kindheits- und Grundschulpädagogik, Literaturdidaktik und Rezeptionsforschung angesprochen werden. Das Thema des Erzählens als kultureller Praxis in seiner anthropologischen Bedeutung greift alle Facetten des Erzählens auf, ist es doch eine menschliche Grundkonstante. Mit Blick auf die Bildung in Kindergarten und Grundschule hat das Erzählen eine fundamentale Bedeutung nicht nur für das sprachliche und literarische Lernen, sondern darüber hinaus für die Strukturierung von Erfahrung, die Identitätskonstruktion, die gegenseitige Verständigung und die Entfaltung der Imaginationskraft.
„Beim Erzählen werden Erfahrungen geordnet, Identitäten gebildet, soziale Kontexte gestaltet sowie Wünsche und Zukünfte imaginiert“, so Prof. Maria Cristina Gatti und Prof. Jeanette Hoffmann. „Wir sprechen auch vom selbstgenügsamen Erzählen, sozusagen einem Gegenentwurf zur Kompetenzfokussierung in den Bildungswissenschaften, eine Erwerbsperspektive einnehmend und den Eigenwert des Erzählens in den Mittelpunkt stellend. Diesbezüglich freuen wir uns auf spannende wissenschaftliche Einblicke und Diskussionen mit den Teilnehmer*innen aus theoretischer wie empirischer Perspektive.“
Die Konferenz spricht Wissenschaftler*innen, Pädagog*nnen und Lehrer*innen an, da das Thema des Erzählens zahlreiche Anknüpfungspunkte bietet und in allen Bildungskontexten und Schulstufen einen Mehrwert für die Bildungspraxis darstellt. „Dabei soll die Kultur des Erzählens wie ein Kästchen gesehen werden, aus dem man immer wieder neue Wissensschubladen öffnen kann“, so die beiden Organisatorinnen.
Anmelden kann man sich zu dieser Online-Tagung mit zahlreichen internationalen Referent*innen noch bis zum 3. Oktober 2021 unter diesem Link
(vic)