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Freie Universität Bozen

Prof. Ulrike Loch, Leiterin des Kompetenzzentrums für Soziale Arbeit und Sozialpolitik

Press releases

Die Herausforderungen der Armut. Bilanz zur Lage in Südtirol auf Konferenz in Brixen

Am Montag, den 8. Mai, veranstalten das Kompetenzzentrum für Soziale Arbeit und Sozialpolitik und die Berufskammer der Sozialassistent:innen eine Tagung. Ziel ist es, das Phänomen der neuen Armut in Südtirol zu beleuchten und Raum für Diskussionen über den Armutsbegriff zu eröffnen – auf der Grundlage von Forschung und Erfahrungen in der Praxis zu Strategien der Armutsbekämpfung und -prävention sowie mit Anregungen für Verbände, öffentliche und private Einrichtungen.

Was bedeutet es, in einer so reichen Provinz wie Bozen arm zu sein? Wie wird Armut erkannt? Welche psychosozialen Folgen hat sie für junge Menschen? Wie wird sie wirksam bekämpft? Dies sind einige der Fragen und Themen, die im Mittelpunkt der Konferenz "Le sfide della povertà  - Soziale Antworten auf schwierige Lebenslagen" am 8. Mai an der Fakultät für Bildungswissenschaften in Brixen stehen.

Das Kompetenzzentrum für Soziale Arbeit und Sozialpolitik hat in den vergangenen Monaten eine Umfrage zur Kinder- und Jugendarmut sowie Familienarmut in Südtirol durchgeführt, deren Ergebnisse der Forscher Evan Tedeschi auf der Konferenz vorstellen wird. Die Daten, die aus den Befragungen von Familien mit Kindern bis zum Alter von 15 Jahren und von Jungen und Mädchen zwischen 9 und 15 Jahren hervorgegangen sind, machen ein Phänomen greifbarer, das die Aufmerksamkeit von Politik und Gesellschaft auf sich ziehen muss: So zeigen 22% der Jungen und Mädchen psychosomatische Beschwerden wie Angst, Nervosität oder Unruhe; 17% fühlen sich ausgegrenzt und marginalisiert, 23% erleben häufig Mobbing. Diese Beschwerden hängen häufig mit prekären sozioökonomischen Bedingungen zusammen, unter denen ihre Familien leben. Die Untersuchung ergab fünf Dimensionen, die Einfluss auf Armut haben können: Arbeit, Bildung, Gesundheit, Einkommen und Wohnverhältnisse.

„Wir wissen, dass die Wahrscheinlichkeit, in Armut zu geraten, in Familien mit drei oder mehr Kindern deutlich zunimmt", erklärt die Leiterin des Kompetenzzentrums Prof. Ulrike Loch, „für Kinder in prekären Situationen ist die Teilnahme an gesellschaftlichen Zusammenkünften mit Gleichaltrigen, wie zum Beispiel Geburtstagsfeiern, oft nicht möglich, weil die Eltern kein Geld für Geschenke haben. Solche Situationen lösen bei Kindern und Jugendlichen Stress und Unsicherheit aus. Auch die schulischen Leistungen werden durch schlechte sozioökonomische Bedingungen beeinträchtigt. Kinder, deren Eltern in prekären Arbeitsverhältnissen leben, sind auch psychosomatisch am stärksten gefährdet. Wenn dann noch der Bildungsweg holprig wird, ist auch die Autonomie im Erwachsenenalter potenziell gefährdet. Armut macht Menschen also krank".

Auf der Konferenz in Brixen werden Erfahrungen im Bereich Armutsprävention und -überwindung in Italien und Österreich verglichen und Armut in ihren verschiedenen Ausprägungen beleuchtet: von Armut und dem Bereich Wohnen über ihre Verbindung mit Gender und Care-Arbeit bis hin zu Kinderarmut. Es werden auch einige Erfahrungen auf der Grundlage von „caring communities“ als Vorschlag für zukünftige Strategien vorgestellt.

Einer Gruppe gebührt beim Thema Armut besondere Aufmerksamkeit: Alleinstehende Frauen mit Kindern sind nicht nur aktuell, sondern auch in ihrer Zukunft stärker von Armut bedroht. „Frauen erhalten in der Regel niedrigere Löhne als Männer. Dieser Nachteil wird durch die Tatsache verstärkt, dass Frauen oft gezwungen sind, Teilzeit zu arbeiten, um Kinder und ältere Menschen zu betreuen. Dies wird sich auch auf ihren Lebensstandard nach dem Eintritt in den Ruhestand auswirken, da sie weniger Beiträge einzahlen und somit eine geringere Rente erhalten", so Prof. Loch.

(su)