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Freie Universität Bozen

Teilnehmer*Innen beim Symposium.
Teilnehmer*Innen beim Symposium.

Press releases

Expert*innen aus aller Welt am 8. Internationalen Symposium zum Sauerteig

Am gestrigen Dienstag, 14. Juni begann das Symposium am NOI Techpark, zu dem sich mehr als 160 Expert*innen aus aller Welt zum Thema Sauerteig eingefunden haben. Unter dem Titel „Resilienz, Nachhaltigkeit, Wohlbefinden“ werden sie neue Erkenntnisse zur mikrobiellen Biodiversität aus sensorischer und ernährungsphysiologischer Perspektive sowie ihrer Anwendung in der Industrie vorstellen und lassen damit Bozen für vier Tage zum Zentrum der Forschung rund um den Sauerteig werden.

Kann Sauerteig gesteuert werden? Kann der Geschmack von Rohstoffen auf Getreidebasis bzw. Pseudogetreide und ungewöhnliche Ausgangsstoffe wie Gemüse über die Fermentation verändert werden? Fragen wie diese beschäftigen die Expert*innen am 8. Internationalen Symposium zum Sauerteig vom 14.-17. Juni in Bozen am NOI Techpark. Der Blick wird auf die Europäische Gesetzgebung bezüglich des Sauerteigs geworfen und es findet ein Austausch zu Zero-Waste-Strategien in der Backwarenindustrie statt: Die Kongressteilnehmer*innen erwartet an den vier Tagen ein dicht gefülltes Konferenzprogramm.

Nach Bozen geladen hat das Forschungsteam Micro4Food, dem mit Prof. Marco Gobbetti einer der weltweit führenden Experten im Bereich der Thematik der Spontangärung angehört. Zur Herstellung von Sauerteig müssen aus der Mischung von Mehl und Wasser die spontan entstehenden Milchsäurebakterien und Hefen in Gärung gehalten werden – so einfach die Inhaltsstoffe und der Teig, so jung der Forschungszweig. Erst in den vergangenen 60 Jahren haben Forscher*innen begonnen, die Eigenschaften und Vorteile des natürlichen Sauerteigs im Vergleich zur Bierhefe zu untersuchen.

Ziel des Kongresses mit dem Themenbereich

Das ernährungsphysiologische und technologische Potenzial dieser natürlichen Zutat unter neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und unter den Gesichtspunkten der Resilienz, Nachhaltigkeit und des Wohlbefindens zu beleuchten, ist Kernthema der Fachtagung. Auch die Rolle des Sauerteigs in der Ernährung spielt eine große Rolle, kann dieser doch für süße wie salzige Backwaren verwendet werden. So ist Italien innerhalb Europas mit über 30 traditionellen Produkten Spitzenreiter in der Rangliste von Backwaren auf Basis von Sauerteig. Welches Potenzial die Spontangärung hat, zeigt sich an der großen Brandbreite von Zutaten, die sich dafür eignen: Mehlsorten aus 23 unterschiedlichen Getreidearten und 10 Pseudogetreidearten, 19 Hülsenfrüchten und 25 anderen Pflanzenarten. Diese Vielfalt wird demnach auch unter dem Gesundheitsaspekt auf dem Kongress aufgegriffen.

In den vergangenen Jahren – insbesondere zwischen 2015 und 2019 – hat sich die Forschung zu Sauerteig vor allem auf seinen Nährwert und seine nutrazeutischen und funktionalen Eigenschaften konzentriert. Selbst in diesem Feld schlägt Sauerteig die Konkurrenz gezüchteter Hefestämme. So bleiben Mineralstoffe wie Zink, Kalzium, Eisen, Sodium oder Magnesium, die in den Rohstoffen der jeweils verwendeten Mehle vorhanden sind, auch in den Backwaren weit besser verfügbar. Ebenso führt die Spontangärung zur Anreicherung der Produkte mit zusätzlichen Ballaststoffen, ohne den Geschmack oder die Textur zu beeinflussen. Dies führt auch dazu, dass der glykämische Index, also die Wirkung auf den Blutzuckerspiegel, von „hoch“ auf „mäßig“ gesenkt wird. Der gleiche Effekt wird bei glutenfreien Nahrungsmitteln beobachtet. Schließlich zeigt die wissenschaftliche Literatur, dass die Spontangärung die Verdaulichkeit der Backwaren erhöht – auch für Personen, die auf Gluten sensibel reagieren– und den Abbau so genannter Antinährstoffe ermöglicht, die in Getreide, Pseudogetreide und Hülsenfrüchten enthalten sind; beispielsweise Raffinose, ein in Hülsenfrüchten enthaltenes Trisaccharid, das Schwellungen und Darmbeschwerden verursacht.

Die Forschung über Sauerteig ist längst nicht ausgeschöpft. „Auf unserem Kongress werden wir auch mit Vertreterinnen aus Forschung und Industrie über die Verbesserung der Stabilität diskutieren, auch in Hinblick darauf, wie der Einsatz des Sauerteigs in Handwerk und Industrie weiter gesteigert werden kann", so Prof. Marco Gobbetti, der den Kongress gemeinsam mit Prof. Raffaella Di Cagno, der Leiterin der Plattform Micro4Food und Dr. Andrea Polo derselben Plattform sowie Prof. Emanuele Zannini vom University College Cork (Irland) organisiert hat.

Zum Organisationsteam des Symposiums:

Marco Gobbetti, Professor für Lebensmittelmikrobiologie (weltweit Nummer 1 für Google Scholar) und Dekan der Fakultät für Naturwissenschaften und Technik, hat die Fachtagung „8th International Symposium on Sourdough“ gemeinsam mit der Leiterin des Micro4Food Lab, Professorin Raffaella Di Cagno organisiert. Prof. Gobbetti gilt in wissenschaftlichen Kreisen als einer der weltweit wichtigsten Experten im Bereich der Gärung. Der Professor der unibz steht auch hinter der ersten und einzigen Sauerteig-Bibliothek, die in Belgien gemeinsam mit der Multinationalen Puratos aufgebaut wurde, einer gemeinnützigen Initiative, in der bislang mehr als 100 unterschiedliche Sauerteig-Arten aufgenommen wurden. 

(vic)